Fragen & Antworten zur Deponierung
Nicht alles, was Radioaktivität in sich trägt, muss durch eine Behörde überwacht werden. Andernfalls müsste auch der Verzehr von Lebensmitteln geregelt oder der Zutritt zu bestimmten Regionen Deutschlands mit höherer Radioaktivität im Erdboden überwacht werden.
Aber: Alles was zu einem Kontrollbereich eines Kernkraftwerks gehört, gilt per se als radioaktiver Stoff und unterliegt der atomrechtlichen Überwachung - unabhängig davon, ob er wirklich mit der Radioaktivität aus dem Reaktor in Berührung gekommen ist oder nicht.
Der Gesetzgeber hält eine Entlassung aus dieser Überwachung (= „Freigabe“) dann für akzeptabel, wenn durch die freigegebenen Stoffe nur eine geringfügige Strahleneinwirkung auf den Menschen zu erwarten ist. Freigabe heißt also ausdrücklich nicht, dass die Stoffe keine Radioaktivität enthalten. Das gibt es auch gar nicht – alles trägt zumindest Spuren von Radioaktivität in sich. Aber die enthaltene Radioaktivität ist so gering, dass sie für Mensch und Umwelt unbedenklich ist.
Bevor ein Stoff aus der atomrechtlichen Überwachung entlassen werden kann,
- wird er mehrfach gemessen, mit unterschiedlichen Messverfahren, mit geprüften Messgeräten und durch geschultes Personal. Nur wenn alle Messungen zum Ergebnis kommen, dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden, gibt die Behörde das Material frei.
- werden zusätzlich Stichproben genommen, die repräsentativ sind. Sie geben uns ein vollständiges Bild über die im Material enthaltenen radioaktiven Stoffe, sie entscheidet aber nicht darüber, ob ein Stoff freigegeben werden kann. Dafür sind die Messungen da. Das Ergebnis der Stichprobe wird von den von der Aufsichtsbehörde eingesetzten Sachverständigen geprüft.
- prüft der Sachverständige im Auftrag der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde alle Messverfahren, alle Stichproben, alle Messgeräte und die Fachkenntnis des ausführenden Personals.
- wird das Material so abgebaut, vorsortiert und gesammelt, dass es mit stärker radioaktiv verschmutztem Material nicht mehr in Berührung kommt. Es wird in den dafür vorgesehenen Mulden und Gitterboxen gesammelt, die in einer Datenbank erfasst werden. So ist jederzeit sichergestellt, dass man die Herkunft des Materials und die radiologischen Werte sowie die Reinigungsschritte jederzeit nachvollziehen kann.
- wird es von unabhängigen Sachverständigen geprüft und abschließend von der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde freigegeben.
Das Freigabeverfahren stellt also sicher, dass
… Stoffe aus dem Kontrollbereich diesen nicht unkontrolliert verlassen können.
… der Kontrollbereich zu 100 % gemessen wird – seien es eingebaute oder bewegliche Teile oder die noch stehenden Gebäudewände, -decken und -böden. Nur diese Messungen sind Grundlage für die Freigabefähigkeit des Materials.
Im Prinzip normaler Bauschutt.
Das Material, das für eine Deponierung überhaupt in Frage kommt, stammt zum allergrößten Teil aus dem Abbau von Gebäudeteilen innerhalb des Kontrollbereichs eines Kernkraftwerks. Im Wesentlichen werden dies sein: Bauschutt, Beton, Baustoffe oder Dämmmaterial.
Aus dem Abbau der Anlage wird nur das Material deponiert, das die gesetzlichen Vorgaben einhält.
Freigegebene radioaktive Stoffe sind konventioneller Abfall und müssen entsprechend der Regelungen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes entsorgt werden. Eine Freigabe kann maßgeblich auf zwei Wegen erfolgen:
- uneingeschränkt, das heißt, die enthaltene Radioaktivität ist so gering, dass keine Einschränkungen zur weiteren Verwendung bestehen
oder
- spezifisch. Dies bedeutet, dass der Verbleib der Stoffe nachgewiesen werden muss, z.B. auf einer Deponie, in einer thermischen Verwertungsanlage oder - bei Metallen - das Einschmelzen.
Um die Belastungen für die Umwelt zu minimieren, besitzen moderne Deponien eine „Multibarriere“. Mehrere Barrieren sind unabhängig voneinander redundant vorhanden, um Schäden für Mensch und Umwelt auch noch dann zu verhindern, wenn eine Barriere versagt.
Die Abdichtungssysteme der Bauschuttdeponien, auf denen die freigemessenen Reststoffe entsorgt werden, haben laut Deponieverordnung die Funktionserfüllung der jeweiligen Komponenten sowie des Gesamtsystems für mindestens 100 Jahre nachzuweisen. Um dies sicherzustellen, sind regelmäßige Messungen und Kontrollen nach dem Verschluss der Deponie und bis zum Ende der Nachsorgephase vorgesehen – unabhängig davon, ob auf der Deponie freigegebenes Material aus einem Kernkraftwerk eingelagert wurde oder nicht. Die Einhaltung mehrerer Kriterien vor der Entlassung der Deponie aus der Nachsorge garantiert, dass das Oberflächenabdichtungssystem auch bei Nachnutzung in einem funktionstüchtigen und stabilen Zustand bleibt.
- Übrigens: Anders als bei giftigen Stoffen nimmt die Radioaktivität mit der Zeit ab. In dem Material, das vom KKU auf der Deponie eingelagert werden wird, ist daher nach 100 Jahren kaum mehr etwas vorhanden.
Durch die Einhaltung des 10µSv/Jahr-Richtwerts ist und bleibt die Deponie auch im ungünstigsten Fall (z.B. beim Deponie-Arbeiter) radiologisch unbedenklich.
Um die mögliche radiologische Belastung bei unterschiedlichen Nachnutzungen zu untersuchen, führte das Öko-Institut e.V. eine Studie[1] mit strenggefassten Randbedingungen durch. Es wurde gezeigt, dass bei unversehrtem Oberflächenabdichtungssystem der Grenzwert von 10 µSv sehr deutlich unterschritten wird. Für den Fall des Versagens des Oberflächenabdichtungssystems ab 100 Jahren nach Stilllegung der Deponie wurde gezeigt, dass keine Dosen von mehr als 10 µSv im Jahr möglich sind.
[1] Öko-Institut e.V., „Mögliche radiologische Folgen der Freigabe zur Beseitigung nach § 29 StrlSchV bei der Nachnutzung einer Deponie in der Nachsorgephase und in der Zeit nach der Entlassung aus der Nachsorge“, November 2016
Nein, die Deponie wird kein „strahlender Haufen“, dem man sich nur unter Vorsicht nähern darf. Die messbare Strahlung an der Deponie wird sich nicht von der an anderen Orten unterscheiden; sie liegt im Schwankungsbereich der natürlichen Umgebungsstrahlung.